„… ich weiß, daß Sie, mitten im Gewühl des Hofes, ein Freund und Liebling der Musen blieben, folglich auch ein zartes Herz bewahrten …“ (A. v. Kotzebue, Weimar, 7. September 1801)
In der Finnischen Nationalbibliothek in Helsinki befindet sich ein kleinerer Bestand von unveröffentlichten Briefen, die August von Kotzebue (1761-1819) an Ludwig Heinrich Nicolay (1737-1820), einen im russischen Dienst stehenden deutschen Schriftsteller, im Zeitraum von 1801 bis 1816 geschrieben hat. Es handelt sich um insgesamt zehn, zum Teil umfangreiche, Schreiben Kotzebues aus dem Nachlass Nicolay, der die Bezeichnung „Sammlung Monrepos“ trägt. Als Namensgeber der Sammlung fungiert der Familien-Landsitz Monrepos bei Wyborg an der russisch-finnischen Grenze, den Ludwig Heinrich Nicolay seit 1788 als Sommersitz ausgebaut und nach seinem Rückzug von dem Posten des Präsidenten der Russischen Akademie der Wissenschaften ständig bewohnte.
Der Vortrag zeigt, dass der finnische Briefbestand Kotzebues sowohl für biografische Zusammenhänge interessant, als auch für den Entstehungs- und Wirkungszusammenhang der literarischen Aufarbeitung seiner Sibirien-Verbannung enorm aufschlussreich ist. Ergänzt durch zwei Antwortschreiben Nicolays aus dem Briefabschriftenband des DLA in Marbach, werden diese Zusammenhänge beleuchtet. Der Briefwechsel zwischen Kotzebue und Nicolay ist aus philologischer Sicht deswegen interessant, weil sich exakt bis in die Formulierungen hinein nachvollziehen lässt, welchen Einfluss der Austausch zwischen beiden Schriftstellern auf die Textgestalt Kotzebues „Das merkwürdigste Jahres meines Lebens“ (Berlin, 1801) genommen hat.